Abstimmungen
Bei Fragen, die in der Bürgerschaft entschieden werden (z. B. Gesetze, Haushalt, Wahl des Ersten Bürgermeisters), abstimmen.
Schnitzereien im Bürgersaal des Rathauses stellen (von l. o. nach r. u.) Ironie, Neid, Missgunst und Schadenfreude dar. Diese Eigenschaften sollen bei den politischen Diskussionen außen vor bleiben.
Nach einer Bürgerschaftswahl werden alle Kandidatinnen und Kandidaten, die gewählt worden sind, vom Landeswahlamt informiert. Nehmen sie die Wahl an, sind sie für eine Legislaturperiode Abgeordnete – seit 2013 grundsätzlich fünf Jahre. Hinter den Namen der Abgeordneten steht fortan oft auch die Bezeichnung MdHB: „Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft“. Bis 1996 war die Bürgerschaft ein Feierabendparlament, die Abgeordneten waren neben ihrem eigentlichen Beruf ehrenamtlich in der Bürgerschaft tätig und bekamen dafür eine steuerfreie Aufwandsentschädigung. Seit 1996 ist die Bürgerschaft ein Teilzeitparlament. Viele Abgeordnete gehen weiterhin ihrem Beruf nach, viele aber eben nur noch in Teilzeit. Sie bekommen jetzt ein höheres, steuerpflichtiges Entgelt. Um Politik, Beruf und Familie weiterhin miteinander vereinbaren zu können, beginnen die Sitzungen üblicherweise erst nachmittags – um 13:30 Uhr die Plenarsitzungen und ab 14 Uhr die Ausschusssitzungen.
Klaus Peters ist 39 Jahre alt und hat vier Kinder. Er ist seit zehn Jahren verheiratet. Neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter ist er Lehrer. Er unterrichtet in Hamburg an einer Stadtteilschule und ist täglich mit den Anforderungen und Problemen von Schule und Bildung konfrontiert. Herr Peters kennt damit die Herausforderungen dieses besonderen Bereichs der Hamburger Politik sehr gut. In der Bürgerschaft ist er Mitglied im Schulausschuss. Darüber hinaus ist er Mitglied im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss sowie parlamentarischer Geschäftsführer seiner Partei. Außerdem spielt er bei den Rathauskickern mit, einer Fußballmannschaft, die z. B. gegen andere Landesparlamente antritt.
Karin Wolften ist 28 Jahre alt und ledig. Seit sie 16 Jahre alt ist, hat sie sich in ihrer Partei engagiert und bei einem Abgeordneten der Bürgerschaft im Büro mitgearbeitet. Sie hat zudem eine Schauspielausbildung absolviert. Neben ihrer Mitarbeit in vielen Parteigremien war sie anschließend an verschiedenen Hamburger Theatern als Schauspielerin tätig. Sie war bereits Mitglied einer Bezirksversammlung und ist seit der letzten Wahl Bürgerschaftsabgeordnete. In der Bürgerschaft ist sie Mitglied des Gesundheitsausschusses und des Kultur- und Medienausschusses.
Dilana Can ist 45 Jahre alt und ledig. Neben ihrer Tätigkeit als Abgeordnete ist sie Anwältin. In dieser Funktion vertritt sie ihre Mandantschaft vor einem Gericht oder berät sie in juristischen Angelegenheiten. Sie setzt sich täglich mit Gesetzen auseinander und ist damit quasi eine Expertin in diesem Bereich. Im Parlament ist sie Mitglied im Ausschuss für Gleichstellung und Antidiskriminierung. Hier kann sie ihre Fähigkeiten gut einsetzen. Sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Mitglied im Ältestenrat.
Finn Alberts ist 45 Jahre alt und hat zwei erwachsene Kinder. Er leitet ein seit Jahrzehnten in Hamburg ansässiges Familienunternehmen, das im Baubereich tätig ist und für Kundschaft z. B. Häuser baut. Herr Alberts ist täglich mit den Herausforderungen und Anforderungen im Baubereich beschäftigt. In der Bürgerschaft ist er Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses. Insgesamt hat er nur noch wenig Zeit, sich um seinen Betrieb zu kümmern.
Mittwoch, 6 Uhr, der Wecker klingelt. Als Erstes lese ich die Nachrichten, um zu sehen, was heute auf mich zukommen könnte. Eine Mutter beschwert sich in einer Hamburger Zeitung über die schlechte Ausstattung der Schule ihrer Tochter. Ich schreibe schnell eine E-Mail an mein Abgeordnetenbüro. Ich bitte meinen Mitarbeiter, mir Informationen zum tatsächlichen Zustand in dieser Schule zu schicken, damit ich darauf antworten kann, wenn die Presse mich fragt.
Nachdem ich mit meinen Kindern gefrühstückt und sie in die Schule gefahren habe, fahre ich in meine Schule, denn ich bin Lehrerin. Ich bin mit 50 Prozent in Teilzeit in der Schule. Heute unterrichte ich nur zwei Stunden, d. h. von 8 Uhr bis 9:40 Uhr, doch anschließend findet um 10 Uhr eine Konferenz statt. In der Pause lese ich kurz die Antwort meines Mitarbeiters zur Situation in der Schule.
Gegen 11:30 Uhr kann ich die Schule verlassen und fahre direkt in die Bürgerschaft. In den Räumen meiner Fraktion telefoniere ich um 12 Uhr mit einer Journalistin, die mich fragt, wie ich zu den Äußerungen der Mutter zur Ausstattung in der Schule stehe. Das Interview dauert ca. 20 Minuten. Danach gehe ich noch mal meine Rede durch, die ich heute in der Bürgerschaft halten werde. Ich baue schnell noch eine Passage ein, in der ich auch zu dem heutigen Zeitungsartikel Stellung nehme.
Um 12:45 Uhr treffe ich mich mit einer Gruppe Jugendlicher im Rathaus. Wir diskutieren über die aktuelle Schulpolitik, aber ich werde auch zu meinem Leben als Abgeordnete befragt. Ich stelle den Anwesenden noch kurz die aktuelle Tagesordnung der heutigen Bürgerschaftssitzung vor, da sie auch die Sitzung besuchen werden, und dann gehe ich in den Sitzungssaal.
Um 13:30 Uhr beginnt die Bürgerschaftssitzung. Ich habe die Gelegenheit, während einer Debatte zum Thema Energie mit anderen Abgeordneten meiner Partei über den Zeitungsartikel zu sprechen. Wenn Abgeordnete meiner Fraktion Reden halten, unterstütze ich sie durch Beifall. Wir wollen unsere Positionen auch öffentlich sicht- und hörbar unterstreichen.
Um 17 Uhr halte ich meine Rede zur aktuellen Schulpolitik. Abgeordnete der anderen Fraktionen rufen viel dazwischen, da sie anderer Meinung sind. Dies ist normal bei uns im Parlament und regt mich auch immer dazu an, deren Argumente mit meinen eigenen direkt zu entkräften. Es folgen Debatten zu weiteren Themen und eine Senatsbefragung.
Gegen 19:30 Uhr fahre ich nach Hause. Meine Kinder sind schon im Bett. Ich lese noch einmal die Tagesordnung der morgigen öffentlichen Ausschusssitzung und die vier Drucksachen, um die es gehen wird, durch. Die Ausschusssitzung beginnt erst um 17 Uhr, ich werde also wieder erst spät zu Hause sein.
Für heute ist jetzt Schluss. Als ich die Lampe an meinem Schreibtisch ausknipse, ist es
22:00 Uhr.
Es ist Tradition, dass nach einer Wahl die stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für das Amt der Bürgerschaftspräsidentin bzw. des Bürgerschaftspräsidenten hat. Die Präsidentin wird von den Abgeordneten gewählt, ist aber nach erfolgter Wahl weiterhin Abgeordnete. Sie leitet die Bürgerschaftssitzungen, ruft die einzelnen Rednerinnen und Redner auf und achtet auf die Einhaltung der vorher festgelegten Redezeiten. Wenn die Präsidentin nicht anwesend ist, wird sie bei der Sitzungsleitung durch die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten vertreten. Normalerweise stellt jede Fraktion einen Vizepräsidenten.
Seit 23. März 2011 ist Carola Veit (SPD) Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft.
Eine Bürgerschaftssitzung muss gerecht und unparteiisch geleitet werden. Egal, welcher Fraktion die Präsidentin angehört, sie muss alle gleich fair und gerecht behandeln. Während einer Sitzung hat die Präsidentin darauf zu achten, dass die Ordnung im Plenarsaal eingehalten wird. Hierfür kann sie z. B. Personen im Publikum, die sich nicht angemessen verhalten, des Raumes verweisen oder Abgeordnete zur Ordnung rufen, d. h. sie ermahnen, sich anständig zu verhalten.
Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass das Parlament und die Abgeordneten in ihren Rechten geschützt werden (z. B. gegenüber dem Senat).
Die Präsidentin übt das Hausrecht über die von der Bürgerschaft benutzten Räume im Rathaus aus.
Sie ist die Repräsentantin der Bürgerschaft. In dieser Funktion besucht sie Veranstaltungen und hält Reden im Namen der Bürgerschaft. Die über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerschaftskanzlei, der Landtagsverwaltung, deren Chefin sie ist, unterstützen sie bei der Organisation des Parlamentsbetriebs.
Der Stuhl der Bürgerschaftspräsidentin ist der größte im Plenarsaal. Auch der Stuhl des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher ist kleiner, da der Senat nur Gast in der Bürgerschaft ist.
Der Ältestenrat besteht aus der Präsidentin bzw. dem Präsidenten, den Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sowie weiteren von den Fraktionen zu benennenden Mitgliedern. In der Regel sind dies der Fraktionsvorsitz und die Geschäftsführung oder Abgeordnete mit herausgehobenen Funktionen. Der Ältestenrat unterstützt die Präsidentin bzw. den Präsidenten bei der Führung der Geschäfte und regelt vor allem den Ablauf der Parlamentsarbeit. Der Ältestenrat legt beispielsweise den Termin- und Arbeitsplan des Parlaments fest.
Durch Anfragen können die Abgeordneten ihr Kontrollrecht gegenüber dem Senat wahrnehmen. Dies bietet insbesondere der Opposition die Möglichkeit, dem Senat Fragen zu stellen, die dieser beantworten muss. Es gibt schriftliche „Große Anfragen“ und „Schriftliche Kleine Anfragen“.
Die Bürgerschaft hat Fachausschüsse mit beratungs-und gesetzesvorbereitender Funktion. Die Ausschüsse, in denen sich ein großer Teil der Parlamentsarbeit vollzieht, werden entsprechend dem Verhältnis der Fraktionsstärken besetzt. Dazu kommt als ständiger Ausschuss der Eingabenausschuss. In den Ausschüssen kommen die Expertinnen und Experten der Fraktionen zusammen und beraten über neue Vorschläge, Maßnahmen und Gesetze. Bei den öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse sind auch die zuständigen Senats- und Behördenvertretungen anwesend. Sie müssen den Abgeordneten dort Rede und Antwort stehen. Die Bürgerschaft legt zu Beginn einer Legislaturperiode die Zahl der Ausschüsse und ihre Größe fest.
Alle Vorlagen für die Bürgerschaft werden gedruckt und an die Abgeordneten, die Fraktionen, den Senat und die Presse verteilt. Jede Drucksache erhält eine Nummer, welche sich aus der Nummer der Wahlperiode und einer fortlaufenden Nummer zusammensetzt, z. B. 22/1. Drucksachen sind z.B. Anträge, Ausschussberichte, Gesetzesentwürfe, Mitteilungen des Senats an die Bürgerschaft, Unterrichtungen der Präsidentin sowie Kleine und Große Anfragen. Ihr findet sie in der Parlamentsdatenbank.