Waldek: Hallo, Frau Nedić, in Hamburg ist Wahlkampf. Warum werben viele Kandidatinnen und Kandidaten und ihre Parteien mit Positionen zum Thema Wohnungsmarkt in Hamburg?
Frau Nedić: Die Hamburgische Bürgerschaft ist das Parlament aller Hamburgerinnen und Hamburger. Sie hat die Aufgabe, Gesetze und Maßnahmen zu beschließen, die das Zusammenleben in Hamburg gestalten. Wenn in Hamburg viele Bürgerinnen und Bürger äußern, dass ihre Mieten sehr hoch sind, sie sich keine zentrale Wohnung in der Stadt leisten können oder es auf eine freie Wohnung hundert Bewerberinnen und Bewerber gibt, dann ist das ein Problem, mit dem sich die Bürgerschaft beschäftigen muss.
Benni: Was kann die Bürgerschaft dagegen tun ?
Frau Nedić: Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten ... Soll man zum Beispiel mehr Wohnungen bauen oder sollen Mieterhöhungen begrenzt werden? Wo soll gebaut werden? Wie verändern Neubauten Stadtteile? Gibt es auch ausreichend Bahn- und Busverbindungen in den Gegenden? Diskutiert wird vor einer Wahl auch die Frage, ob das, was die Abgeordneten bisher zum Thema Wohnungsmarkt beschlossen haben, gut ist oder ob Alternativen besser wären. Gute Entscheidungen zu treffen, ist also gar nicht so einfach. Es hängt davon ab, welche Parteien zusammen eine Mehrheit haben und welche Positionen diese Parteien zum Thema Wohnungsmarkt haben.
Anni: Wie genau wird in der Bürgerschaft entschieden?
Frau Nedić: Vorlagen mit Themen, über die abgestimmt werden soll, können vom Senat, von Abgeordneten oder durch Volksinitiativen in die Bürgerschaft eingebracht werden. In öffentlich tagenden Ausschüssen wird dann über Vorlagen beraten. Hier können auch Expertinnen und Experten zu Wort kommen oder zum Beispiel auch Gutachten vorgelegt werden. In dieser Phase melden sich häufig auch Bürgerinnen und Bürger bei uns und teilen uns ihre Positionen zu einer Vorlage mit. Anschließend wird dann im Plenum abgestimmt. Beschlossene Gesetze werden vom Senat im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht und umgesetzt. Übrigens darf nur die Bürgerschaft entscheiden, wofür die Regierung Geld ausgeben darf, denn das Parlament beschließt alle zwei Jahre den Haushalt für Hamburg. Das ist eines der vornehmsten und ältesten Rechte des Parlaments und wird deswegen auch „Königsrecht“ genannt.
Naila: Wie geht es dann weiter?
Frau Nedić: Die Ausführung der Gesetze und Maßnahmen, die die Bürgerschaft beschließt, übernimmt in Hamburg der Senat. Beispielsweise könnte die Bürgerschaft beschließen, dass in einem Stadtteil mehr Sozialwohnungen gebaut werden sollen, dann muss der Senat sich bemühen dies umzusetzen. Der Senat wird von der Bürgerschaft jedoch kontrolliert.
Milo: Auf welche Weise findet diese Kontrolle statt?
Frau Nedić: Zunächst einmal wählt die Bürgerschaft die Erste Bürgermeisterin bzw. den Ersten Bürgermeister und kann sie auch wieder abwählen, wenn sie keine gute Arbeit machen. Zudem bestätigt die Bürgerschaft auch alle Senatorinnen und Senatoren, die die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister vorschlägt. Alle Abgeordneten können Anfragen an den Senat stellen, die dieser beantworten muss. Wenn es zum Beispiel beim Bau von Wohnungen Verzögerungen gibt, können die Abgeordneten Anfragen an den Senat dazu stellen, der dann erklären muss, warum es diese Verzögerungen gibt.
Waldek: Vielen Dank für das Gespräch.